Englisch reiten und Western reiten – ist das ganz was unterschiedliches?
Oft erlebe ich, dass Menschen sehr klare Grenzen zwischen beiden Reitstilen setzen. So stellte ich mir schon vor langer Zeit die Frage, was ist eigentlich der Unterschied? Als ich mein erstes Pferd mit 32 Jahren bekam hatte ich kaum Erfahrung und in dem Stall, wo ich mit meinem Pferd eingezogen war, erzählten mir die Reiter ganz verschiedene Dinge.
Die, wo dem Westernstil zugeneigt waren:
„Beim Englisch reiten sind die Pferde so unentspannt und seit ich Western reite ist es viel ausgeglichener!“
Ging ich zu den Englisch Reitern sagten sie mir:
„Beim Western reiten gehen die Pferde kaputt und nur mit Versammlung kann man gesunderhaltend reiten!“
„Hmmm“ – dachte ich, jeder ist von seiner Vorliebe überzeugt und was stimmt jetzt? Wahrscheinlich haben wohl beide Seiten recht. Möglicherweise, wie bei so vielem im Leben, liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte.
Intuitiv dachte ich, alle Pferde haben sicher die gleiche Sprache, egal welche Rasse und so müsste es doch eine gemeinsame Grundlage geben.
Könnte es sein, dass die Stile einfach eine Spezialisierung sind und die Grundlagen der Ausbildung sich ähneln oder gar die gleichen sind?
Die Optik fällt gleich auf
Schauen wir uns die Kleidung von Englisch Reitern und Western Reitern an: als erstes fällt auf, dass die ersteren gerne mit Reithose und Reitstiefeln reiten. Der Westernreiter bevorzugt Jeans und Cowboystiefel.
Auch die Pferde haben ein unterschiedliches Outfit: die Sättel und die Zaumzäuge sind sehr typisch für den jeweiligen Stil.
Zum Schluss kommen wir zu den Pferden:
Auch hier gibt es bekanntlich für jede Reitweise speziell gezüchtete Rassen, wie große schlanke Warmblüter für den englischen Stil und kleinere gedrungenere Westernpferde.
Nachdem ich bald zum Horsemanship kam begann sich die Sache aufzulösen:
Hier gab es sie alle: die wo Englisch reiten und Western reiten – es waren beide Stile vertreten. Auch viele weitere, die man so allgemein dem Stil „Freizeitreiten“ zuordnet. Also deren Kleidung und Ausrüstung war irgendwo dazwischen drin und die Pferde waren alle mögliche Rassen. Übrigens habe ich ebenso zu dieser Gruppe gehört…
So wurde mir sehr schnell klar, dass es tatsächlich so ist, dass die Basis der Ausbildung immer den gleichen Anfang hat, egal woher das Pferd kommt, welches Rasse es ist und welches Alter es hat!
INTERESSANT!
Die Basis ist die Pferdesprache!
Sie ist bei allen Rassen, dem Alter und der Herkunft des Pferdes gleich.
Hier beginnt die Ausbildung.
horsemanship-academy.de
Die Geschichte des Englisch- und Western Reiten
Pferde waren jahrhunderte lang überwiegend als Arbeitstiere tätig. Pferde zogen Kutschen und Plüge, wurden geritten, um von A nach B zu kommen. Wichtig waren sie in der Kriegsführung und bei der Arbeit mit Rindern. Alle diese Tiere brauchten eine unkomplizierten Charakter und besondere Eigenschaften für die jeweilige Arbeit.
Das Englischreiten entstand aus dem Militär
Für den Krieg brauchte man eher temperamentvollere Pferde, die forsch nach vorne gingen. Sie mussten gehorsam sein und gut auf die Anweisungen des Soldaten reagieren. Seitengänge waren sehr wichtig, um den Feind angreifen zu können. Also das Pferd in der Kopfstellung zum Gegner stellen zu können:
was heute in der Dressur Travers, Renvers und Traversalen wiederspiegeln.
Um einem Angriff ausweichen zu können, mussten die Pferde seitwärts in Gegenstellung gehen können, also den Kopf zum Gegner gewandt und mit dem Körper in die andere Richtung ausweichend gehen:
sprich – das sind die Übungen Schenkelweichen und Schulterherein.
Weiter brauchte es Rückwärts, schnelle Übergänge, Traben auf der Stelle (Piaffe) und Wendungen auf der Stelle (Pirouetten), um als Sieger im Kampf hervorgehen zu können.
Dabei hatte man die Zügel kurz, damit der Reiter schnell auf das Pferd einwirken konnte.
Die Sättel waren eher einfach, damit der Reiter leicht über Hindernisse kam und flexibel war.
Das Westernreiten entstand aus der Vieharbeit
Eine weitere Sparte der Reiterei entsand aus der Notwendigkeit große Viehherden kontrollieren und lange Strecken voran treiben zu können. Hier waren kompakte, eher ruhige Pferde geeignet, die souverän im Umgang mit den nicht ungefährlichen Rindern waren. Die Viehhüter saßen oft lange Zeit im Sattel und beobachteten die Tiere und trieben sie in Ruhe vor sich hin.
Ein Pferd mit flachen gut zu sitzenden Gängen war hier von Vorteil:
Es sollte ein Vergnügen „Pleasure“ sein, diese Pferde viele Stunden zu reiten.
Cool sollten diese Pferde jede Gegebenheit der Natur, wie Baumstämme, Enpässe oder Wasser überwinden können.
Also im Gelände „Trail“ sehr zuverlässig sein.
Immer wieder mussten sie verloren gegangene Tiere in die Herde zurück treiben oder einzelne Rinder aus der Herde separieren. In diesen Momenten brauchten sie ein mutiges und wendiges Pferd, das flinke Manöver beherrscht und danach wieder ruhig bei der Herde zu sein.
Rinder umkreisen, ausbremsen, „cutten“, schnell starten und stoppen, viele Meter rückwärts gehen.
Die ruhigen Pferde wurden mit langen Zügeln geritten, weil es auch nicht so kräftezehrend für den Cowboy war und wenn schnelles Handeln gefragt war, mussten die Pferde auf kurze Impulse sehr gut reagieren.
Die Sättel waren bequemer, damit man viele Stunden jeden Tag damit reiten konnte. Ein Horn vorne half Lassos und Arbeitsseile zu befestigen.
Was sagt das über die Grundausbildung?
Dies alles lässt uns erkennen, dass das Fundament einer guten Ausbildung eines Pferdes, egal ob Enlisch Reiten und Western Reiten, die gleiche sein sollte.
Beide Reitweisen brauchen ein Pferd das sicher, vertrauensvoll, motiviert und athletisch ist, um seine gestellen Aufgaben sehr gut ausführen zu können!
Befasst man sich mit den grundsätzlichen Zielen der Reiterei in den unterschiedlichsten Sparten ist es immer das Gleiche, nur die Manöver unterscheiden sich.
Mit meinen 7-Schlüsseln-der-Pferdesprache am Boden ist es möglich eine von Grund auf richtige und schnelles System zu haben. Denn wenn wir Menschen die Sprache der Pferde ganz eindeutig verstehen und einen Weg gefunden haben, genauso klar und unmissverständlich mit Pferden zu „reden“ – dann ist es wirklich einfach!
So wie wenn wir in ein fremdes Land kommen und die Sprache der dort lebenden Menschen sprechen lernen.
Das Fundament guten Reitens ist das Gleiche
Haben wir eine ausgezeichnete Beziehung zu unserem Pferd am Boden aufgebaut können wir mit dem Reiten beginnen. Genauso gibt es 7-Reitschlüssel. Dies sind sieben fundamentale Fähigkeiten, die jeder Reiter beherrschen sollte. Sie bilden die Basis für alle Sparten der Reiterrei. Dazu zählen das Englisch Reiten und das Western Reiten, wie auch alles andere, wo Pferde sich auf eine Disziplin spezialiesieren sollen.
Wer diese Grundlagen des Reitens kennt und kann, wird feststellen, auf diesen baut alles auf und dann kann man seinen Lieblingsstil als Folge sehr gut reiten – und es wird easy sein, weil beide, Mensch und Pferd verstanden haben, um was es geht!
Wichtig zu nennen ist noch: Englisch Reiten und Western Reiten haben den jeweiligen praktischen Ursprung, wie es die Geschichte uns ja zeigt. Also bringen wir den Pferden die Grundlagen und Manöver am besten in der Halle und auf dem Platz bei. Doch dann ist es wichtig dem Ganzen einen Sinn zu geben:
Nehme Gegenstände und Hindernisse als Herausforderung dazu, reite Manöver mit anderen Pferdefreunden in der Gruppe, beispielsweise reite Seitengänge indem Du auf einen Reitfreund seitwärts zureitest und dieser seitwärts weicht und umgekehrt. Gehe ins Gelände.
Biete deinem Pferd Abwechslung im Reiten und natürlich auch bei den Aufgaben am Boden! Das tolle ist, hast Du diese gemeinsame Basis, dann kannst Du auch schnell die Manöver des anderen Reitstiles lernen! Das macht Spaß und bietet Abwechslung für Pferd und Reiter!
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