Natural Horsemanship

Beim letzten Artikel ging es um die von der Natur gegebenen Unterschiede zwischen Fluchttier Pferd und Raubtier (Primat) Mensch. Das bedeutet, dass die natürlichen Instinkte von Pferd und Mensch um 180 Grad verschieden sind! Unabsichtlich benimmt sich deshalb der Pferdefreund gegenüber seinem Partner immer wieder wie ein hungriges Raubtier und erhält prompt von seinem Pferd die Reaktionen eines ängstlichen Fluchttieres! Doch wie können wir dieses Dilemma lösen? Eine gute Idee ist, sich mal gedanklich in die Welt eines Pferdes zu versetzen, sozusagen sich einmal “in seinen Hufen” zu bewegen. Dies kann sehr viel zum Verstehen seines tierischen Freundes beitragen! Die Grundlage einer echte Partnerschaft beruhend auf fairer Gegenseitigkeit! Und das ganze nennt man dann “Natural Horsemanship!”

 

Natural Horsemanship – Partnerschaft mit Pferden!

Menschen denken und verhalten sich oft geradlinig. Hier beschreibe ich einmal ein Beispiel: Möchte eine Person von Ort A nach Ort B, dann nimmt sie in der Regel den kürzesten Weg und geht direkt auf das Ziel zu. Wir wollen ja möglichst schnell unsere Aufgabe erledigen und keine Zeit und Energie verschwenden. Wenn wir mit unserem Pferd gemeinsam zu Ort B möchten, egal ob führend am Boden oder im Sattel reitend, kann dies zu einem schwierigen Unterfangen oder gar zu einem richtigen Problem werden! Denn es kann gut sein, dass unser tierischer Gefährte nicht zu unserem ausgesuchten Ziel hingehen möchte! In solchen Situationen überkommen den Menschen nun oft unpassende Emotionen. Er wird selbst unsicher, frustriert und dann vielleicht sogar wütend, aggressiv und laut! Manche geben ihre Ziele auf, andere versuchen jetzt dem Pferd zu zeigen “wer hier der Boss ist”. Doch leider funktioniert dies langfristig nur selten, denn die meisten Pferde bekommen jetzt auch noch Angst vor ihrem “Raubtier” Mensch, das Vertrauen sinkt und sie beginnen sich noch mehr zu wehren!

 

“Ziehe die Hufe deines Pferdes an!”

Beginnen wir “Natural Horsemanship” zu denken! Wie oben erwähnt, versetze dich doch einmal in “die Hufe” (Lage) deines Pferdes. Stell dir vor, du wärst ein Fluchttier, welches jede Sekunde seines Lebens auf der Hut sein muss, damit es nicht von einem Raubtier getötet wird. Ja, und selbst ein “modernes” Pferd und vielleicht charakterlich cooles Pferd denkt so! Und erst recht, wenn es sich um ein eher schreckhaftes Exemplar handelt! Stell dir vor, du sollst als Fluchttier auf direkte Art zügig an einen Ort gehen, den du nicht kennst! Mit all den Gefahren, die auf dem Weg lauern könnten. Beispielsweise die Raubkatze hinter einer Hecke, einem Rudel Wölfe rings um den Gebäuden herum usw. Überall gibt es Engpässe, die ein Beutetier instinktiv meidet. Pferde lebten ursprünglich in der Steppe und da gibt es keine engen Stellen, Häuser, Zäune und sonstigen Dinge. Natürliche Gegebenheiten, wie Felsen oder Waldränder werden von Fluchttieren so gut wie es geht gemieden und nur wenn es keine andere Möglichkeit gibt, betreten. So halten sie sich ihre Fluchtmöglichkeiten bestens in jede Richtung offen.

 

Wie verhalten sich Fluchttiere in neuer Umgebung!

Sind Pferde in der freien Natur dazu gezwungen neue Gegenden mit Engpässen zu erkunden, dann tun sie dies folgendermaßen: das Leitpferd geht voran, da es i. d. R. das souveränste Tier der Herde ist und die Verantwortung für die anderen Pferde übernommen hat. Alle anderen schließen sich den Entscheidungen ihres Anführers an. Nun gehen diese nicht geradlinig zu ihrem neuen Ziel, sondern mit Annäherung und Rückzug! Das bedeutet so in etwa “zwei Schritte vor und einen zurück!” Sie halten immer wieder an, schauen sich um, gehen mal nach rechts, dann nach links, wenden sich, drehen wieder um und wagen sich wieder ein Stückchen in die gewünschte Richtung – um dann evtl. wieder in die alte Richtung zurück zu rennen! So nähern sie sich Stück für Stück an die unbekannte Herausforderung heran und sorgen so für die Sicherheit der ganzen Herde.

 

Was kann die Lösung sein – Natural Horsemanship?

Im Natural Horsemanship kopieren wir das natürliche Verhalten der Herdentiere in angemessenen Strategien. Wir beobachten die Pferde in ihrer angeborenen Körpersprache. Wenn wir Unsicherheiten oder gar Angstzeichen erkennen, ist es höchste Zeit unsere Geradlinigkeit im Erreichen eines Zieles zu unterbrechen! Durch die Anwendung der Strategie der “Annäherung und Rückzug” bringen wir wieder Sicherheit in das Verhalten unseres Pferdes. Zum Beispiel können wir ein Stück weit in eine andere Richtung gehen oder reiten. Natürlich sollten wir dabei die Grund-Übungen für 100% Kontrolle, wie z. B. rückwärts richten, übertreten lassen beherrschen. Fortgeschrittene Pferdefreunde können folgendes tun. Das Pferd mit Abstand neben sich gehen lassen und dabei ab und zu seitwärts schicken. Auch die Übung Schulterherein und zudem im Kreis gehen lassen ist sehr effektiv. Die letzten beiden Aufgaben sind schon recht anspruchsvoll, haben aber zusätzlich einen hoch gymnastizierenden Effekt. Also – das Pferd wird hiermit im Kopf klar und der Body bekommt auch noch Muskeln an den richtigen Stellen. Wie man so schön sagt: “Zwei Fliegen mit einer Klappe erwischt!” Und das Pferd denkt sich in etwa bei den Übungen: “Wow – mein Mensch hat mich echt im Griff – der ist so gut – der hat auch die ganzen Raubtiere in der Umgebung unter Kontrolle!” Anschließend zeigt uns unser Partner durch die Veränderung seiner körperlichen Signale, dass er wieder Vertrauen in uns als “Leittier” und die Umgebung gefasst hat!

 

Wie kann ich Probleme mit der Geradlinigkeit vorbeugen?

Möchtest du es erst gar nicht so weit kommen lassen, ist die beste Vorbeugung, die Anzeichen von Unsicherheit und Angst schon im Ansatz zu erkennen, noch bevor dein Pferd dir seine Befürchtungen deutlich zeigt! Dann kannst du dich noch vor einer Eskalation der Situation für die richtige Strategie mit den passenden Übungen entscheiden! Mit den 7 Schlüsseln der Ausbildung, die wir in unseren Kursen in der Horsemanship Academy lehren, wirst du hervorragend mit den richtigen Techniken vertraut gemacht, um von Grund auf auch die schwierigsten Situationen zu meisten. Du wirst verstehen was Natural Horsemanship bedeutet und welch unglaublich schöne Magie dahinter steckt! Wir veranstalten immer wieder Schnupperkurse an verschiedenen Standorten, wo du erlebst, wie das funktioniert. Bis dahin empfehle ich dir die kostenlose Körpersprache-Fibel für Pferdefreunde herunterzuladen, mit der du richtig viel Interessantes über dein Pferd erfahren wirst! Ich wünsche dir ganz viel Spaß dabei!

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