In den vielen Jahren der Ausbildung von Pferden mit ihren Besitzern und Reit- und Pflegebeteiligungen habe ich festgestellt: Es gibt tendenziell zwei ausgeprägte Ausrichtungen, wie Menschen mit Pferden umgehen: als “Macho oder Softie”! Das soll nicht heißen, dass das immer sehr extrem sein muss – nein – auch hier gibt es viele feine Nuancen. Im folgenden beschreibe ich die maximale Einstellung – d.h. natürlich nicht, dass es immer so radikal sein muss!

Der Macho

Dieser Typ Mensch stellt Ansprüche an das Pferd: Leistung ist wichtig. Oft ist er sehr zielgerichtet und hat genaue Vorstellungen, was das Tier jetzt im Moment und überhaupt im gesamten Zusammensein zu tun hat. Seine Einstellung ist: das Pferd muss äußerst gehorsam sein und alle Anweisungen sofort ausführen. Er kennt sich aus! Jeder Widerwille, Aufmüpfigkeit oder gar Weigerung des Geforderten, wird dem Pferd als Sturheit und Ungehorsamkeit unterstellt. Er weiß, dass die Rangordnung sehr wichtig ist. Deshalb zeigt er dem Pferd im Umgang und beim Reiten ständig, dass er das Sagen hat.

Mechanische Hilfsmittel: Gebisse jeglicher Art, aufwändige Zaumzeuge mit Sperrriemen, Ausbindern, Sporen usw. findet man reichlich in seinem Sattelschrank. Wenn das eine nicht funktioniert, sucht er noch komplexere Ausrüstungs-Möglichkeiten. Sodass er das Pferd mit Zwang in bestimmte, oft unterwürfige, Haltungen bringen kann. Genauso wird er es durch Einschüchterung mit seinen Geräten zu bestimmten Handlungen bringen. Leckerchen setzt er nie ein. Ein kräftiges Klopfen auf den Hals ist Belohnung genug!

Der Softie

Dieser Typ ist das genaue Gegenteil vom Macho. Er wünscht sich eine Beziehung voller Liebe und tut alles dafür, dass es dem Pferd gut gehen soll! Oft kommt er eher zufällig an sein Pferd. Entweder hat er sich in ein Pferd verliebt, dass er bei der mehr oder weniger intensiven Suche nach einem behuften Partner gefunden hat. Oder auch ein Pferd gerettet, dem es nicht so gut ging. Das Hauptziel ist: die Freizeit mit dem Tier zu verbringen. Er stellt keine hohen Ansprüche an das Pferd. Einfach nur gemütlich im Gelände ausreiten. Vielleicht auch nur, gemeinsame schöne Spaziergänge zu machen.

Falls das nicht klappt, findet er sich damit ab und pflegt das Pferd. Er möchte ihm ein angenehmes Leben bieten und würde niemals Gewalt anwenden. Von Dominanzgehabe hält er nichts. Die Ausrüstung ist so gewählt, dass sie dem Tier möglichst keine Schmerzen zufügt. Beispielsweise sind die Halfter mit Lammfell gepolstert. Die Stallapotheke im Spint ist bestens ausgestattet. Das Pferd mit Leckerbissen zu verwöhnen ist ihm sehr wichtig und so geht er ohne diese nicht in den Stall.

Macho oder Softie – das waren die Extreme!

Was ich hier beschrieben habe sind sicher die absoluten Ausprägungen. Denken wir ehrlich darüber nach, haben auch du und ich von beiden Richtungen Teile in uns. Tatsächlich ist es so, dass wir von jeder dieser Seiten Eigenschaften brauchen, um sicher und vertrauensvoll mit diesen wunderbaren Lebewesen unsere Zeit verbringen zu können! Es kommt einfach auf die Dosierung an! Wann brauche ich was? Und in welchem Ausmaß? In welchen Situationen ist es angebracht, dem Pferd ganz klare Ansagen zu machen und auf absoluten Gehorsam zu bestehen? In welchen Momenten ist es viel besser sanft zu sein und die Bedürfnisse des Pferdes an die allererste Stelle zu setzen? Also, insgesamt so eine Art “Sanfte Konsequenz” zu haben!

Auch bei Pferden gibt es das!

Nicht nur wir Menschen können stärker in das eine oder andere Lager tendieren. Bei Pferden gibt es das genauso! Das hast du bestimmt schon erkannt. Macho oder Softie – mehr oder weniger stark ausgeprägt sind auch sie! Kommt ein dominanter Mensch mit einem sensiblen Pferd zusammen, kann das in einem schweren Trauma für das Pferd enden. Oft hört man: “Dem musst du nur zeigen, wer hier der Boss ist!” Und schon beginnt der Anfang vom Ende. Das sensible Pferd, das einfach nicht vorwärts gehen will oder auch panisch davon stürmt, ist nicht stur! Denn das wird ihm gerne mal nachgesagt. Es hat einfach nur Angst!

Stell dir vor, jemand überredet dich im Schwimmbad auf einen hohen Sprungturm zu steigen. Du hast Bedenken und traust dich nicht zu springen. Jetzt wird dir Sturheit unterstellt und du wirst einfach herunter geschuppst! Na – da wächst dann dein Vertrauen in diese Person sicher enorm!!!

Anders herum:

Kommt ein sensibler Mensch mit einem dominanten Pferd zusammen, kann es in ein großes Trauma für den Menschen enden! Rücksichtsvoll weicht der feinfühlige Mensch seinem Pferd aus – oft nur kleine Schritte, das reicht schon! Verlangt wenig und bringt es auf keinen Fall ins Schwitzen. Das selbstbewusste Pferd möchte aber mehr tun und so beginnt es seine Dominanz-Spiele und kann dabei sehr gefährlich werden. Vielleicht möchte es auch nichts tun und rennt beim Ausreiten einfach nach Hause oder streift seinen Reiter an einem Baum ab und frisst lieber Gras.

Manchmal bringt man diesen Pferden auch das Falsche bei – beispielsweise Zirkuslektionen. Selbssichere Pferde haben dabei oft viel Spaß, vor allem wenn es dazu noch Leckerbissen gibt. Spanischer Schritt oder Steigen z.B. sind sehr dominante Übungen. Ist die Rangordnung nicht absolut geklärt, kann das Ganze irgendwann böse ausarten. Schwere Unfälle sind hierbei schon passiert, wenn das imposant steigende Tier seinen Menschen mit tretenden Hufen angreift!

Was ist also richtig?

Solltest du jetzt mehr auf die Macho-Seite kommen – oder doch eher softer werden. Das Gegenteil von dem Verhalten, wohin man natürlicherweise tendiert, fällt uns schwer. Finde das passende Maß! Ich nenne es “Sanfte Konsequenz”. Du fragst: “Ja aber wie?” Und gleich vorweg: das lernt man nicht einfach mit “Gefühl” oder irgendwelchen “Techniken” oder gar “das kommt mit der Zeit!”

Es ist eben sehr abhängig von deinem eigenen Temperament und dem des Pferdes. Wie heißt es immer so schön: “Finde deine Mitte!” Wenn du diese immer besser erkennen kannst – erst dann kann es auch dein Pferd. Denn- es reagiert ausschließlich auf deine Aktionen. Pferde leben im “Hier und Jetzt” und verhalten sich entsprechend in jeder Sekunde so, wie du es vorgibst.

Sei weder das eine noch das andere –  Macho oder Softie, sondern lerne in der jeweiligen Situationen genau die richtige Dosis zu haben. Das ist für jeden möglich, wo dies erreichen will. Dabei spielt es auch keine Rolle, wie lange man schon mit Pferden zu tun hat… Und bevor du mit “Try & Error” Jahre damit verbringst, um dieses herauszufinden, lass uns gemeinsam in wenigen Monaten daran arbeiten! Und – das macht sogar richtig Spaß!

 

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